Kultur für psychische Gesundheit entwickeln: Hochschule installiert Ersthelfende

In Deutschland ist jede vierte Person in seinem Leben von einer psychischen Krankheit betroffen. Als Organisationsentwicklerin unterstütze ich derzeit die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) dabei, ein Erste-Hilfe-System für psychische Gesundheit zu installieren und eine neue Gesundheitskultur zu etablieren. Die THM möchte ihre Studierende auch in schwierigen Zeiten unterstützen.

Niedrigschwellige Erste Hilfe

Doch warum braucht es etwas Neues, wenn es schon Beratungsangebote der Profis gibt? Dieser Einwand scheint berechtigt. Doch obwohl zwei ausgebildete Psycholog*innen die Studierende der THM bei Prüfungsangst, Studienzweifel oder Stress beraten, übersteigt der Beratungsbedarf spätestens seit Pandemieende die Kapazitäten. Zudem zögern viele Studierende, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unser Ansatz daher: Ein niedrigschwelliges Angebot mit einem Erste-Hilfe-Ansatz, dass die bestehenden Strukturen ergänzt und zu den professionellen Hilfsangeboten hinführt.

Auswahl der Interessierten

Wer aber sollte als Ersthelfer*in für psychische Gesundheit ausgebildet werden? Das Interesse war groß. Doch im Hinblick auf Projektkapazitäten sollten die richtigen Personen identifiziert werden. Es galt ein Auswahlprozesses zu gestalten und die interne Kommunikation zu planen. Ein Kriterium: Stellen oder Funktionen der Hochschule, die regelmäßig mit Studierenden in Kontakt stehen.

Chancen und Gefahren bei der Implementierung

Durch schnelle erste Hilfe und die Weitervermittlung an professionelle Beratungs- oder Therapieangebote haben betroffene Studierende eine höhere Chance, ihren Studienabschluss zu erreichen oder bessere Leistungen zu erzielen. Für die THM würde dies bedeuten:

  • Geringere Abbrecherquoten
  • Entlastung der Lehrenden durch mehr Handlungskompetenz
  • Positionierung als gesundheitsförderliche Hochschule

Doch wie bei jeder Implementierung galt es auch die Herausforderungen zu kennen. Interne Fachabteilungen, die sich mit Gesundheit, Lehre oder Behinderung befassen, und die Studierendenvertretung wurden stark bei der Identifikation möglicher Gefahren eingebunden. Ein Ergebnis: Die engagierten Ersthelfer*innen dürften nicht überfordert werden  –  um ihre eigene Gesundheit zu schützen. Regelmäßige Austauschtreffen sollten daher zur Schärfung des Rollenbewusstseins dienen, Weiterbildungsangebote die Kompetenzen der Ersthelfer sichern und Supervisionsangebote Entlastung bieten.

 

Stigmatisierung vermeiden und eine Kultur für Gesundheit schaffen

24 Erst-Helfer*innen sind ausgebildet. Drei Austauschtreffen haben bereits stattgefunden. Die Resonanz ist großartig. Die THM möchte sich aber noch weiter entwickeln. Ziel ist es, eine gesundheitsförderliche Kultur in der gesamten Organisation zu schaffen, in der angemessen auf psychische Krankheiten und Lebenskrisen reagiert wird. Studierende mit Angststörungen, ADHS oder Depressionen sollen die notwendige Unterstützung erhalten, um ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Die gesamte Hochschulgemeinde soll sensibilisiert und befähigt werden, ihren Beitrag zu leisten.

Hier gibt es weitere Informationen zum Projekt der THM

Meine drei Tipps für Hochschulen und Organisationen, die aus unseren Erfahrungen resultieren.

  1. Bedarfsanalyse und Ressourcen identifizieren: Starten Sie mit einer Analyse in Ihrer Organisation. Welche Hilfe-Strukturen und Angebote gibt es? Wie ist die Haltung zu psychischer Gesundheit? Identifizieren Sie dabei auch bestehende Chancen. Haben Sie beispielsweise engagierte Personen, die mitwirken wollen?  
  2. Einbindung relevanter Akteure: Binden Sie alle relevanten Akteure ein und gehen Sie in den offenen Diskurs. Diskutieren Sie auch über mögliche negative Auswirkungen einer Implementierung. Geben Sie Kritikern einen Raum. Das Wissen der Beteiligten ist wertvoll. Die Einbindung deckt Vieles auf und schafft mitunter Akzeptanz für das Vorhaben.
  3. Kontinuierliche Evaluation und Anpassung: Formulieren Sie aus, was Sie bewirken wollen, wie Sie dies erreichen und wie Sie das Erreichte messen. Kommunizieren Sie dies an die relevanten Stakeholder. Seien Sie auch selbstkritisch: Eine kontinuierliche Verbesserung ist entscheidend, um das Angebot zu verbessern.

Brauchen Sie Unterstützung eine gesundheitsförderliche Kultur in Ihrer Organisation zu entwickeln: sprechen Sie mich gerne an.

Erste Hilfe für die psychische Gesundheit

Ob Panikattacken, depressive Episoden oder Suchtproblematiken – im Betrieb, in Hochschule oder Schule begegnen wir immer wieder Menschen in akuten Krisen oder psychischen herausfordernden Situationen. Wie helfen KollegInnen, Führungskräfte, Dozierende oder Lehrkräfte adäquat? Wie überfordern sie sich nicht selbst? Wie schätzen sie Situationen richtig ein und werden tätig?

Diesen Fragen geht die Ausbildung „Mental Health First Aid“ am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim zu Grunde, die ich im Februar erfolgreich absolviert habe. Als ausgebildete Ersthelferin für psychische Gesundheit weiß ich nun, dass zunächst eingeschätzt werden sollte, ob eine akute Krise besteht und die betroffene Person sich selbst und/oder andere gefährdet. Ist dies nicht der Fall können Nahestehende Hilfe anbieten. Wichtig ist es, keine Diagnosen zu stellen. Vielmehr ist es hilfreich, aufzuzeigen, dass man eine Veränderung im Verhalten festgestellt hat und sich Sorgen macht. Fingerspitzengefühl ist dabei gefragt! Je wohlwollender, desto besser. Sinnvoll ist es ebenfalls professionelle Hilfestellen zu kennen und auf Beratungsstellen, ärztliche oder therapeutische Angebote zu verweisen.

Erste Hilfe in Schulen, Betrieben oder Universitäten

Gerne bringe ich das Wissen rund um die Erste Hilfe bei psychischer Gesundheit auch in Ihre Organisationen ein, um strategische Fragen des Gesundheitsmanagement zu beantworten:

  • Für wen ist es hilfreich eine Ersthelferausbildung zu absolvieren?
  • Welche weiteren Strukturen braucht es, um schnell und gut helfen zu können?
  • Wie können Strukturen auf- oder ausgebaut und bekannt gemacht werden?

Sprechen Sie mich an!